Auf dem Grundstück der Klägerin befindet sich ein Weg, den die Nachbarn benutzten, um zu ihren Garagen zu gelangen. Eine Nutzung des Weges wurde seit Jahrzehnten durch frühere Eigentümer der Grundstücke und zunächst auch durch die jetzige Eigentümerin des Grundstücks geduldet. Sie überlegte es sich aber anders und kündigte den Nachbarn an, den Weg zu sperren. Außerdem begann sie mit dem Bau einer Toranlage. Die Nachbarn beriefen sich auf ein bestehendes Wegerecht und verlangten, die Sperrung des Weges zu unterlassen. Erfolglos, wie der Bundesgerichtshof befand (BGH V ZR 155/18). Die Karlsruher Richter urteilten, dass im Verhältnis einzelner Grundstücksnachbarn ein Wegerecht nicht aufgrund Gewohnheitsrechts durch eine Übung entstehen kann, selbst wenn diese über Jahrzehnte ausgeübt wurde. Ein Wegerecht, das nicht im Grundbuch eingetragen ist, kann nur aufgrund schuldrechtlicher Vereinbarung oder als Notwegerecht bestehen.
Auch im Mietrecht gibt es grundsätzlich kein Gewohnheitsrecht. Der Deutsche Mieterbund (DMB) weist darauf hin, dass auch die jahrzehntelange vermieterseitige Duldung einer bestimmten Nutzung nicht bedeutet, dass der Mieter ein Recht auf diese Nutzung hat. Der Vermieter darf die von ihm geduldete Nutzung für die Zukunft grundsätzlich widerrufen, denn ein Gewohnheitsrecht, aus dem der Mieter Rechte ableiten kann, existiert nicht.
Hat der Mieter beispielsweise einen leeren Keller genutzt und dort Sachen eingelagert ohne den Keller gemietet zu haben, kann der Vermieter auch nach jahrelanger Duldung verlangen, dass der Mieter den Keller räumt. Das gilt auch für Nutzungen des nicht mitvermieteten Gartens oder Dachbodens, so dass der Vermieter auch hier nach Jahren vom Mieter verlangen kann, im Hof nicht mehr zu grillen oder auf dem Dachboden keine Wäsche mehr zu trocknen.